Sommerleben
Es ist wie es ist, meine lieben Leser, aber Mallorca ist im Sommer kein Postkartenmotiv, sondern eine Insel, die einem Abenteuerpark gleicht, sogar mit Sonnenstichgarantie! So heiß geliebt und hart bereist, verwandelt sie sich zwischen Juni und August in eine pulsierende Thermoskanne aus Flipflops, Fremdschweiß und der leisen Frage: „Warum bin ich nochmal nicht nach Norwegen geflogen?“
Ich habe es mir angewöhnt, meine Autofahrten so präzise wie Militäreinsätze zu planen. Möchte ich von Llucmajor nach Palma? Dann brauche ich: ein Zeitfenster von 4:30 bis 6:00 Uhr morgens, viel Geduld und eine Strategie für den Notfall! Zum Beispiel: das Ausweichen auf einen Feldweg, der von Ziegen bewacht wird. Ich überlege dreimal, ob ich fahre. Einmal wegen des Staus, zweimal wegen der Parkplatzsituation und dreimal wegen der Ellenbogentaktiken der Inselbesucher.
Bleibe ich Zuhause, so wird manchmal meine Stromversorgung zu einer Diva. Sie entscheidet spontan, wann sie auftritt, oder eben nicht. Letztens hat der Strom beschlossen, mitten im Kochen zu streiken. Es war Zeit für das Abendessen, Paella auf dem Herd, Radio verstummt, Kühlschrank tot. Ich fühlte mich wie in einem sehr privaten Theaterstück namens „Mallorca Negra: die Stunde der Dunkelheit“.
Kaum war der Strom zurück, verabschiedete sich das Wasser, ebenfalls ohne höfliche Ankündigung. Es ist eine Sommertradition auf der Insel: Trinkwasser wird abgestellt wie schlechte Musik, einfach aus. Wer keine Zisterne oder keinen Brunnen hat, wird zum spontan trockengelegten Statisten in seinem eigenen Haushalt. So habe ich gelernt, meine wunderbare Zisterne zu schätzen und zu würdigen, denn, ohne sie würde ich komplett austrocknen, wortwörtlich!
Kommen wir zur Müllabfuhr, auch bekannt als die große Geruchsoper. Im Sommer verwandelt sich jede Tonne in ein experimentelles Parfümlabor. Dreißig Grad im Schatten, Müllbeutel mit emotionaler Tiefe, und die Müllabfuhr? Sie kommt entweder zu früh, zu spät oder gar nicht, wie ein Rockstar mit Terminschwierigkeiten. Auf vielen Straßen, inselweit ist dieser entzückende Anblick mehrfach zu sehen: Mülltonnen, die sich selbst übergeben.
Und dann das Sommerloch, nicht zu verwechseln mit journalistischem Desinteresse, sondern mit der wahrhaftigen Tatsache, dass auf Mallorca im August niemand ernsthaft arbeiten will. Der Installateur meldet sich „nach den Feiertagen“, welche Feiertage, bleibt offen. Die Paketlieferung hängt „in Palma fest“. Der Mitarbeiter im klimatisierten Rathaus, der mir eigentlich eine einfache Auskunft geben sollte, reagiert wie ein überhitzter Kellner in einem überfüllten Strandrestaurant: Er sieht mich, nickt vage und verschwindet für immer in Richtung Küche.
Zu erwähnen wäre da noch das Kapitel „Postwesen“, eine Disziplin, die hier im Sommer auf der Insel in etwa so zuverlässig funktioniert wie ein Regenschirm bei Sturm. Die Briefzustellung gleicht einer Lotterie mit erhöhtem Schwierigkeitsgrad: Wird heute zugestellt? Morgen? Oder war der Zusteller philosophisch unterwegs und hat den Brief lieber in einem Olivenbaum versteckt? Ich bekomme Postkarten manchmal erst, wenn die Absender schon längst zwischen den eigenen vier Wänden sitzen und ihren nächsten Urlaub planen.
Also ja, es ist wie es ist, meine lieben Leser! Mallorca ist im Sommer überfüllt, überfordert und überdreht. Aber mittendrin, zwischen Mülltonnenduft und Wasserstillstand, liegt das wahre Leben. Und wenn man das alles mit Humor und Gelassenheit nimmt, dann ist man hier genau richtig und hat den Inselcharakter wirklich verstanden. Die Insel verlangt Geduld – und bietet dafür Geschichten, die man anderswo nie erleben würde. Hier wird jede Kleinigkeit zum Abenteuer, vom morgendlichen Gang zum Briefkasten bis zur Mülltonnenbeobachtung mit olfaktorischer Dramaturgie. Und genau darin liegt der Charme: nicht im makellosen Urlaubsfoto, sondern im wackelnden Alltag mit Sonnenbrand und Selbstironie.