Hochzeit
Es ist wie es ist, meine lieben Leser, aber, auch auf Mallorca wird geheiratet! Selbst ich habe auf dieser wunderschönen Insel den Bund fürs Leben geschlossen. Ja, wirklich! Ich habe mir sogar einen waschechten Mallorquiner geangelt. Und ich kann Ihnen sagen: Eine mallorquinische Hochzeit ist kein gewöhnliches Event, sie ist ein Erlebnis! Ein gesellschaftlicher Ausnahmezustand mit folkloristischem Beigeschmack. Allein diesen Monat werde ich auf zwei Hochzeiten tanzen, zumindest werde ich so tun, als ob ich tanzen kann. Doch wie läuft so eine mallorquinische Hochzeit eigentlich ab? Ich erkläre es Ihnen gerne, also:
Die Zeremonie beginnt, wie es sich gehört, in der Kirche. Der Bräutigam steht schon am Altar: nervös, verschwitzt und mit dem Blick eines Mannes, der sich fragt, ob er noch schnell fliehen kann. Draußen versammelt sich die Hochzeitsmeute, die auf die Braut wartet. Diese erscheint, so wie es sich auf Mallorca gehört, mit reichlich Verspätung. Sie wird vorgefahren, entweder in einem Oldtimer oder einer Pferdekutsche, die aussieht, als hätte sie ein Disney-Praktikant entworfen. Die Braut ist geschminkt wie für die Oscarverleihung, ins Kleid geschnürt wie ein Serrano-Schinken und bereits leicht genervt. Die Gäste mustern sie von Kopf bis Fuß, nicken anerkennend, kritisch oder gar neidisch. Nach dieser Begutachtung geht es dann endlich rein in das Gotteshaus.
Natürlich wird auf Mallorca nicht ausschließlich kirchlich geheiratet, nein, nein. Inzwischen ist es auch so, dass der Friedensrichter immer öfter beauftragt wird oder, wer es besonders romantisch mag, entscheidet sich für eine Trauung am Strand. Mit Sand in den Schuhen und Sonnenuntergang im Hintergrund. Doch bleiben wir heute bei der klassischen Variante, der traditionellen mallorquinischen Hochzeit. Also: zurück zur Kirche!
Drinnen: Orgelmusik, stehende Gäste, gespannte Blicke zur Tür, die sich wie von Zauberhand öffnet und die Braut schreitet zum Altar. Manchmal schwebt sie herein allein, manchmal mit ihrem Vater, manchmal mit einem ganzen Familienclan inklusive Brautassistentin und dekoriertem Hund. Ja, ja, meine lieben Leser, ich habe es selbst erlebt: Ein Vierbeiner mit Margeritenhalsband, der stolz neben der Braut herlief. Moderner geht’s kaum.
Der Priester beginnt mit dem üblichen Programm: ewige Liebe, Treue, in guten wie in schlechten Zeiten, bis der Tod euch scheidet, kurzum, das ganze scheinheilige Paket. Währenddessen startet auf den Kirchenbänken bereits die Vorfeier. Es wird gequatscht, gelacht, Kinder rennen durch die Bankreihen und kreischen. Der Cura spricht tapfer weiter, doch seine Worte gehen unter im akustischen Inselorkan.
Nach dem Segen beginnt das große Wettrennen zum Ausgang. Wer zuerst draußen ist, darf den meisten Reis werfen! Das Brautpaar wird dabei zielsicher getroffen, und der Reis verteilt sich in Ausschnitten, Schuhen, Haaren und Augen. Ein echter Glücksregen mit unvergesslicher Langzeitwirkung.
Dann geht’s zur Feierlocation. Die berühmte sala de fiesta kann alles sein: eine rustikale Finca, ein charmant gealtertes Hotel oder ein Restaurant mit Charakter. Das Essen? Entweder Buffet oder ein festes Menü, ganz nach dem Motto: „Friss oder bleib hungrig.“ Getränke gibt’s entweder serviert oder man muss sich selbst zur Bar bewegen. Bewegung tut ja bekanntlich gut.
Während die Gäste noch mit dem Mampfen beschäftigt sind, beginnt das Brautpaar mit der Verteilung der Erinnerungsgeschenke. Überwiegend bekommen die Herren eine Zigarre, die mehr nach Abenteuer als nach Aroma riecht. Die Damen kriegen einen Fächer oder eine Konfitüre in die Hand gedrückt, als kleine Gesten mit großem Symbolwert. Dann kommt die Hochzeitstorte: meist eine mehrstöckige Ensaimada-Variante, süß, mächtig und mit ordentlich Kalorien. Wer sie überlebt, darf sich auf das absolute Highlight freuen: die barra libre.
Hier wird getrunken, was das Herz begehrt, und zwar so lange, bis die Barkeeper erschöpft in der Ecke sitzen und die Gäste einander aufrichten. Die Tanzfläche bebt, der Dorf-DJ gibt alles, und die Stimmung erreicht ihren Höhepunkt, irgendwo zwischen Euphorie und Gleichgewichtsstörung.
Doch bevor man überhaupt Teil dieser Sause sein darf, muss man eingeladen werden. Und das passiert ganz traditionell: persönlich, mit einem Briefumschlag. Darin: die Einladung und ein Kärtchen mit einer Bankverbindung. Ja, Sie haben richtig gelesen. Das Brautpaar wünscht sich keine Töpfe, keine Tischdecken, sondern Geld. Und zwar nicht zu knapp. Gerechnet wird pragmatisch: 100 Euro pro Person fürs Essen und Trinken, plus 100 Euro als Geschenk. Wer zu zweit kommt, überweist 300 Euro. Kinder kosten extra. Mallorca ist eben sehr teuer, auch beim Heiraten.
Was die Garderobe anbetrifft, so gibt es normalerweise keine festen Regeln, aber gewisse Erwartungen. Männer tragen gerne Anzüge, die seit Jahren auf ihren großen Auftritt warten, inklusive Duftnote „Mottenkugel Vintage“. Frauen erscheinen in glitzernden Kleidern, die bei Sonnenlicht als mobile Leuchtreklame fungieren. Manchmal wünscht sich das Brautpaar eine bestimmte Kleiderordnung wie zum Beispiel: alle in Blau, alle im Stil der 20er-Jahre oder alle in Weiß. Ich war mal auf einer Hochzeit, bei der legeres Weiß gewünscht war und alle hielten sich daran. Nur der Bräutigam trug Schwarz. Ob das was zu bedeuten hatte? Nun ja, ich weiß es nicht.
Wenn die Gläser leer sind, die Musik verstummt und die Barkeeper weinend am Boden liegen, dann ist es an der Zeit zu gehen, meine lieben Leser! Ob im aufrechten Gang oder auf allen Vieren, das entscheidet jeder für sich. Hauptsache ist, man bedankt sich lallend beim Brautpaar und macht sich davon. Denn die beiden haben noch eine Hochzeitsnacht vor sich. Oder zumindest einen Hochzeitsmorgen. Que vivan los novios!