Tanz

Es ist wie es ist, meine lieben Leser, aber, auf Mallorca gibt es Momente, die man einfach erlebt haben muss. Die erste fluffige Ensaimada, die so süß ist, dass man danach freiwillig eine Siesta einlegt, nicht nur für eine Stunde, sondern gleich für drei. Dann das erste charmante Sprachchaos beim Versuch, „una botella de agua“ zu bestellen, wobei man am Ende mit einem Bier und einem fragenden Blick dasteht. Natürlich kommt auch irgendwann der Moment, in dem man sich öffentlich blamiert.

Diese Art von Fauxpas gelingt besonders gut, wenn man sich mutig in den „Ball de Bot“ stürzt. Das ist der traditionelle mallorquinische Tanz, der aussieht wie ein folkloristisches Ritual und sich anfühlt wie ein rhythmischer Intelligenztest mit eingebauter Stolpergarantie. Wer hier mitschwingen will, braucht mehr als gute Laune! Man muss gleichzeitig lächeln, sich drehen und dabei so tun, als hätte man den Takt verstanden und Rhythmus im Blut.

Ich stand auf dem Plaça, irgendwo zwischen Llucmajor und „Wo bin ich hier eigentlich?“, und sah zu, wie sich Menschen in Tracht harmonisch bewegten. Es war kein Salsa, kein Flamenco, kein Walzer, es war etwas Eigenes. Etwas, das nach Heimat roch, nach Staub, nach Stroh, nach Stolz und nach „Wir machen das schon seit Jahrhunderten, also tanz einfach mit.“

Und genau das tat ich! Also, ich versuchte es zumindest….

Mit dem Selbstbewusstsein einer Person, die einmal einen Zumba-Kurs überlebt hat, trat ich in den Kreis. Mein erster Schritt war eine Mischung aus ambitioniertem Ausfallschritt und versehentlichem Angriff auf die Fußzehen meines Tanzpartners. Die Musik spielte, die Menschen klatschten, und ich bewegte mich! Allerdings in einem Tempo, das eher an eine lahme Ziege auf Rollschuhen erinnerte als an mallorquinische Eleganz.

Die ältere Dame mit dem Fächer, die mich zuvor mit einem Blick in den Tanz gezogen hatte, beobachtete mich nun mit einer Mischung aus Mitleid und pädagogischer Strenge. Ich war der Fremdkörper im Taktgefüge, der Stolperstein im Rhythmusfluss, das menschliche Fragezeichen im choreografischen Satz.

Aber – und das ist das Wunder des Ball de Bot – man wird nicht ausgelacht! Man wird mitgezogen. Man wird korrigiert, angestupst, freundlich zurechtgewiesen und am Ende sogar gelobt. Nach etwa fünf Minuten fühlte ich mich nicht mehr wie ein tanzender Esel, sondern wie ein Teil des Ganzen. Ich drehte mich, ich klatschte, ich lächelte, und, ich trat niemandem mehr auf die Füße. Ein Fortschritt, der auf Mallorca vermutlich als kulturelle Integration gilt.

Was viele nicht wissen: Der Ball de Bot ist nicht nur ein Tanz, sondern ein Stück Geschichte. Seine Wurzeln reichen bis ins 18. Jahrhundert zurück, als die Mallorquiner beschlossen, dass man auch ohne Kastagnetten und Flamenco-Hysterie tanzen kann. Die Musik kommt von traditionellen Instrumenten wie dem Flabiol, einer winzigen Flöte mit großem Ego, der Xeremia, einem Dudelsack mit mallorquinischem Temperament, und dem Tamborí, einer Trommel, die klingt wie das Herzklopfen eines nervösen Ersttänzers. Und dann gibt es noch die Ximbomba, ein klangvolles Ungetüm, das aussieht wie ein Bastelprojekt aus Blumentopf und Stock, aber klingt wie ein verliebter Stier bei Vollmond. Zusammen erzeugen diese Instrumente einen Sound, der irgendwo zwischen Mittelalter, Dorffest und musikalischem Abenteuer liegt.

Und jetzt kommt der Clou: Beim Ball de Bot führt nicht der Mann, sondern die Frau! Jawohl! Während in anderen Tänzen der Herr das Kommando übernimmt, zeigt hier die mallorquinische Tänzerin, wo es langgeht. Und das tut sie mit einer Vornehmheit, die irgendwo zwischen Königin und Kommandantin liegt. Der Mann folgt, ohne Widerspruch aber mit Stolz.

Am Ende des Abends war ich verschwitzt, glücklich und ein kleines bisschen verliebt! In diesen Tanz, in diese Insel, in die Tatsache, dass man sich blamieren kann und trotzdem Applaus bekommt.

Also, meine lieben Leser: Wenn ihr das nächste Mal auf Mallorca seid und irgendwo Musik hört, die nach Dudelsack, Lebensfreude und leichtem Chaos klingt, tanzt, hüpft oder rennt hin! Lasst euch hineinziehen. Dreht euch, blamiert euch, stampft, lacht! Der Ball de Bot ist nicht nur ein Tanz. Er ist eine Einladung, sich selbst nicht zu ernst zu nehmen und dabei Teil von etwas Wunderschönem zu werden!

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