Elternabend

Es ist wie es ist, meine lieben Leser, aber, ein Elternabend an einer öffentlichen mallorquinischen Schule ist nichts für schwache Nerven. Ich war diese Woche dabei, nicht als Lehrerin, sondern als Mutter. Jawohl! Für gewöhnlich opfere ich meinen Mann für solche gesellschaftlichen Pflichtveranstaltungen, aber dieses Mal ging es leider nicht anders. Nun saß ich da, zwischen Holzstühlen und pädagogischen Erwartungshaltungen. Ich sage Ihnen: Mit Leichtigkeit habe ich viele Unterrichtsstunden voller pubertierender Sprachverweigerer überlebt, aber dieser Abend, der hat mich an meine Grenzen gebracht...

Schon beim Betreten des Klassenzimmers begann das Drama. Die Klimaanlage, dieses technische Biest, wurde sofort zum Hauptdarsteller. „Zu heiß!“, rief die eine Hälfte. „Zu kalt!“, die andere. Ein Vater wollte kurzerhand einen Thermometervergleich starten, während eine Mutter vorschlug, die Fenster zu öffnen, um „die neutrale Luft hereinzulassen“. Ich schwöre, ich habe kurz überlegt, ob ich mein T-Shirt als diplomatisches Zeichen der Klimaneutralität auf den Tisch legen sollte.

Dann die Stühle. Ach, die Stühle! Zu klein, zu wackelig, zu unbequem…Eine Mutter mit Yoga-Hintergrund versuchte sich im Schneidersitz auf dem Boden zu positionieren, während ein Vater mit Rückenschmerzen forderte, man möge doch bitte ergonomische Sitzmöbel anschaffen – „für die Gesundheit der Eltern, wir sind schließlich auch Teil der Schulgemeinschaft und zahlen ordentlich Steuern!“ Ich nickte verständnisvoll, während ich versuchte, meine Knie zwischen zwei Tischbeinen zu parken, ohne mir dabei die Meniskusregion zu demolieren.

Nachdem sich alle Eltern irgendwie hingesetzt hatten, ging es los. Das leidige Thema: Die Sprache! „Bitte kein Mallorquin!“ – „Wir verstehen das nicht!“ – „Warum nicht auf Spanisch?“ – „Aber bitte mit englischer Zusammenfassung!“ – „Und vielleicht auch ein bisschen Deutsch, wir leben zwar schon seit 15 Jahren auf der Insel, hatten aber noch keine Zeit, Spanisch zu lernen.“ Meine Gedanken dazu: klar, in der Klasse sind zwei deutsche Kinder,  da ist es doch nur logisch, dass der Elternabend auf Deutsch stattfinden soll! Meinen Sie nicht auch, meine lieben Leser?

Ich fühlte mich wie auf einem internationalen Gipfeltreffen, bei dem die Nationen sich mal wieder nicht einig werden. Die Lehrerin, eine waschechte Mallorquinerin, tapfer wie eine Gladiatorin im pädagogischen Kolosseum, versuchte es allen recht zu machen. Klappte natürlich nicht. Aber ich bewundere ihren Optimismus! Am liebsten hätte ich ihr eine Medaille verliehen. Oder besser: eine Flasche Hierbas. Die hätte sie sich redlich verdient.

Kaum war das Sprachenchaos halbwegs sortiert, ging es weiter mit dem Thema Materialkosten. „Warum sind die so hoch?“ – „Können wir nicht umweltfreundliches Papier verwenden?“ – „Wir müssen doch an die Zukunft unserer Kinder denken!“ Ein Vater schlug vor, die Arbeitsblätter auf recyceltem Bananenblatt zu drucken, während eine Mutter ernsthaft fragte, ob man nicht digitale Tafeln aus Bambus anschaffen könne,  die seien schließlich umweltfreundlicher als diese Plastikdinger, die da an der Wand montiert sind. Ich dachte kurz darüber nach, ob ich mich bei „Versteckte Kamera“ befinde oder einfach nur zu lange in der Sonne war.

Und dann kamen sie: die Supermütter. Sie sind mir ja die allerliebsten. Gelangweilte Frauen, die in ihrem Leben nichts erreicht haben, aber der Meinung sind, sie müssten der Lehrerin erklären, wie man richtig unterrichtet. Bei solchen Superfrauen zuckt mir automatisch mein linkes Augenlid. Die Frage „Warum unterrichtet nicht ihr, wenn ihr alles besser wisst?“ dreht Kreise in meinem Kopf. Doch ich schweige. Ich mische mich grundsätzlich nicht in solche hirnlosen Diskussionen ein, denn es heißt ja, dass es im Frauengefängnis auf der Insel keine Klimaanlagen gibt.

Als der elterliche Albtraum endlich vorbei war, war ich die Erste, die das Klassenzimmer fluchtartig verlassen hat. Auf dem Weg zum Auto war ich erschöpft, genervt, gereizt, verwundert über die menschliche Dummheit  und dankbar. Unendlich dankbar, dass ich bei diesem Elternabend nur als Mutter dabei war und nicht als Lehrerin.

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