Fassade
Es ist wie es ist, meine lieben Leser, aber, manchmal möchte ich mich am liebsten mit einem Handtuch über dem Kopf in die letzte Reihe der Poolliegen legen und so tun, als hätte ich nichts gesehen. Mallorca im Herbst, das bedeutet goldene Sonnenuntergänge, leere Strände und träge Salamander, die sich auf warmen Steinplatten räkeln. Mittendrin in dieser herbstlichen Idylle: das Hotelpersonal, das nach einer Saison voller Lächeln, Schweiß und Schmerz langsam in sich zusammensackt wie ein schlecht gefalteter Sonnenschirm.
Die Saison neigt sich dem Ende zu, aber die Erschöpfung ist noch lange nicht vorbei. Wer glaubt, dass sich das Personal jetzt entspannt zurücklehnt und den verdienten Feierabend genießt, der hat vermutlich noch nie hinter die Kulissen eines Hotels geschaut. Dort, wo die Touristen längst beim letzten Hierbas sitzen, wird noch geputzt, geschleppt, serviert und improvisiert, oft bis zur Schmerzgrenze und darüber hinaus.
Unbezahlte Überstunden? Pflichtprogramm. Arbeitsverträge? Für manche ein Luxusgut. Schmerzmittel? Für andere das tägliche Frühstück. Es gibt Zimmermädchen, die sich morgens Ibuprofen wie Bonbons einwerfen, damit sie überhaupt ihren Arbeitstag irgendwie überstehen. Kellner, die mit entzündeten Sehnen Tabletts balancieren, als hinge ihr Leben davon ab. Rezeptionisten, die nach 12-Stunden-Schichten noch freundlich lächeln, obwohl sie innerlich längst auf dem Zahnfleisch kriechen.
„Nur noch bis Oktober“, sagen viele. Und meinen damit: Nur noch ein paar Wochen durchhalten, bevor der Körper endgültig streikt. Die Saisonarbeiter, oft aus anderen Regionen Spaniens oder sogar aus anderen Ländern, leben in kleinen Zimmern, teilen sich Küchen, Badezimmer und manchmal gar Betten. Ja, ja, meine lieben Leser, sogar Betten, schon mal was von „Schichtschlafen“ gehört? Diese Menschen schuften bis zum Gehtnichtmehr und das für Löhne, die in keinem Verhältnis zu ihrer Leistung stehen. Manche bekommen gar keinen Lohn, weil sie „auf Probe“ arbeiten. Probezeit, die sich über Wochen zieht, ohne Vertrag, ohne Sicherheit, ohne Perspektive.
Während draußen die Gäste ihre letzten Cocktails schlürfen und sich über das „authentische Mallorca“ freuen, wird drinnen geackert, als gäbe es kein Morgen. Die Hotellerie lebt von diesen Menschen und beutet sie gleichzeitig aus. Es ist ein System, das auf Verschleiß gebaut ist. Wer nicht mehr kann, wird ersetzt. Wer sich beschwert, fliegt raus. Wer durchhält, wird vielleicht nächste Saison wieder eingestellt. Respekt, Menschlichkeit, Empathie? Das sind Fremdwörter und in diesem Gewerbe komplett ausgestorben, so wie Dinosaurier.
Natürlich gibt es auch gute Arbeitgeber, faire Bedingungen, wundervolle Teams. Aber sie sind die Ausnahme, nicht die Regel. Diese Tatsache sollte uns zu denken geben! Denn wer Mallorca liebt, sollte auch die Menschen lieben, die diese Insel am Laufen halten. Die Betten machen, die Buffets auffüllen, die Handtücher wechseln und die Beschwerden mit stoischer Ruhe entgegennehmen, ohne ausfallend zu werden.
Also, meine lieben Leser: Wenn Sie das nächste Mal in einem Hotel auf Mallorca übernachten, betrachten Sie nicht nur die Sterne über dem Eingang. Schauen Sie auf die Menschen, die Ihnen das Frühstück bringen, Ihr Zimmer in Ordnung halten und Sie mit einem strahlenden Lächeln begrüßen. Obwohl sie seit fünf Uhr morgens auf den Beinen sind und von ihrem Chef soeben aufs übelste beschimpft wurden, erfüllen sie Ihnen gerne Ihre Sonderwünsche. Ein ehrliches „Danke“, ein kleines Trinkgeld, ein freundliches Wort, das ersetzt keine fairen Arbeitsbedingungen, aber es ist ein Anfang. Am Ende der Saison bleibt nicht nur Sand in den Schuhen, sondern auch die Erkenntnis, dass die Sonne nicht für alle gleich scheint!