Zwischenzeilen

Es ist wie es ist, meine lieben Leser, aber die häufigsten Fragen, die mir gestellt werden, sind nicht etwa, ob ich wirklich alle mallorquinischen Feiertage kenne oder ob ich meine Kolumnen mit einem Glas Rotwein beginne, sondern: Wo schreibst du eigentlich deine Texte? Und wie kommst du auf die Themen? Als würde ich in einem geheimen Schreiblabor sitzen, umgeben von philosophierenden Ziegen, einem Orakel aus Oliven und einem Knopf für „Inspiration bitte jetzt“.

Die Wahrheit ist weniger spektakulär, aber trotzdem charmant: Ich schreibe in meiner Mansarde. Ein Raum unter dem Dach, mit schrägen Balken und noch schrägeren Gedanken. Mein Schreibtisch hat schon einiges ausgehalten: Kaffeeüberschwemmungen, Notizbuchlawinen und literarische Zusammenbrüche inklusive. Der Laptop wartet geduldig, das rote Notizbuch liegt griffbereit und mein weißer Kater mit strahlend blauen Augen thront auf dem Drucker. Er sagt nichts, aber sein Blick stellt regelmäßig ganze Textabsätze in Frage.

Der Schreibprozess beginnt meist unspektakulär. Ich setze mich an den Schreibtisch, trinke den ersten Kaffee und öffne das Dokument. Kein dramatisches Starren ins Leere, ich mache mir ein paar Notizen, kritzle Stichpunkte auf ein Blatt Papier, sortiere meine Ideen wie andere ihre Gewürzschublade. Dann schreibe ich los. Nicht immer chronologisch, nicht immer logisch, aber immerhin. Der erste Satz kommt oft schnell. Manchmal ist er brauchbar, manchmal klingt er wie ein Werbeslogan für Massentourismus. Ich lösche den Satz, hole mir einen zweiten Kaffee und beginne von vorne. Der Kater beobachtet das Ritual mit stoischer Eleganz. Er gähnt und legt sich demonstrativ auf den Drucker, als wolle er sagen: „Schreib du mal, ich mache meine Siesta.“  Während draußen die Insel ihr Programm abspult, beginne ich zu tippen, zwischen Stichpunkten, Satzfragmenten und der Hoffnung, dass am Ende etwas Lesbares dabei herauskommt.

Die Themen kommen nicht auf Bestellung. Ich habe es versucht, mit Listen, mit Brainstormings, mit dem verzweifelten Versuch, Mallorca in drei Adjektiven zu beschreiben. Jedoch meistens passiert es einfach so: Ich stehe auf dem Markt, höre einem Mann zu, der lautstark über die philosophische Tiefe von Tomaten spricht, und denke: Da ist sie, die nächste Kolumne. Oder ich lese eine Touristenbewertung, in der sich jemand darüber beschwert, dass der Strand zu sandig war, die Sonne zu hell und das Wasser zu nass. Blitzartig kommt mein Büchlein zum Vorschein und ich notiere diese so konstruktive Kritik an der Insel. Wer weiß, meine lieben Leser, vielleicht lesen sie schon bald darüber in meiner nächsten Kolumne?

Manchmal reicht mir auch ein Blick in das alltägliche Leben der Insulaner. Letzte Woche belauschte ich in meinem Lieblingscafé ein älteres mallorquinisches Ehepaar. Sie saßen mir schräg gegenüber und diskutierten, ob die Tomatensorte früher besser geschmeckt hat oder ob heute einfach die Sonne falsch scheint. Ein Schild am Rathaus, das in drei Sprachen erklärt, dass das Wasser heute nicht fließt, aber in keiner, warum. Ich habe gelernt, wachsam zu sein. Denn hinter jedem scheinbar belanglosen Moment kann sich ein Text verstecken. Mallorca ist da großzügig! Die Insel wirft mir Geschichten zu, wie die Mandeln vom Baum fallen.

Wenn der Artikel dann endlich steht, lese ich ihn laut vor. Meistens mir selbst. Manchmal auch meinem Kater, der mit einem Ohr zuckt, wenn ihm etwas nicht gefällt. Sobald ich mit meiner Lesefolter fertig bin und wenn ich dabei nicht das Bedürfnis habe, mich unter dem Schreibtisch zu verstecken, klicke ich auf „Veröffentlichen“. Anschließend beginnt das große Bangen: Wird es gelesen? Wird es verstanden? Wird jemand lachen, nicken, schmunzeln oder nicht mal zu Ende lesen?

Es geht mir nicht um einen perfekten Beitrag, sondern um geteilte Momente. Zwischen meiner Mansarde und meinem mallorcaleben. Wenn Sie mir schreiben, dass Sie etwas Neues über die Insel erfahren haben, sich in einer Szene wiedererkennen oder einfach schmunzeln mussten, dann freue ich mich sehr. Ihre Nachrichten und Kommentare bedeuten mir viel! Sie zeigen mir, dass meine Kolumnen gelesen werden und dafür danke ich Ihnen, meine lieben Leser!

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