Riesen
Es ist wie es ist, meine lieben Leser, aber, wenn auf Mallorca die Riesen tanzen, brennt die Luft vor Begeisterung und selbst die Tapas geraten ins Schwärmen. Die Gigantes, jene überdimensionalen Figuren aus glasfaserverstärktem Kunststoff, Holz und Stolz, sind die eigentlichen Herrscher der Dorffeste. Sie sind größer als der Bürgermeister, lauter als die Blaskapelle und wackeln beim Tanzen so gewaltig, dass man glaubt, die Serra de Tramuntana hätte Schluckauf.
Wer ihnen zum ersten Mal begegnet, denkt vielleicht: „Ach, ein übergroßer Karnevalsmensch.“ Doch weit gefehlt. Die Gigantes sind keine bloßen Dekoelemente, sie sind wandelnde Legenden, kulturelle Schwergewichte mit Hüften, die beim Drehen eine Windhose auslösen könnten. Ihre Frisuren sitzen so perfekt, dass selbst ein Friseur aus Palma neidisch wird! Ihre Gewänder sind so prächtig, dass man sich fragt, ob sie heimlich bei Dolce & Gabbana einkaufen.
Die Großgestalten stellen historische Figuren dar: Könige, Königinnen, Bauern, Fischer, Heilige und manchmal auch einfach nur „den Typ von früher, der immer alles wusste“. Sie tragen Namen wie Jaume, Violant oder Bernat, und wenn sie durch die Gassen schreiten, tun sie das mit einer Würde, als hätten sie gerade ein UNESCO-Zertifikat für „episches Wackeln“ erhalten.
Doch hinter jedem Gigante steckt ein Mensch. Ein tapferer Dorfbewohner, der bereit ist, bei 35 Grad im Schatten unter einem Pappmaché-Kopf zu schwitzen, während er versucht, synchron zur Musik zu tanzen. Man könnte sagen: Es ist wie ein Triathlon, nur mit weniger Wasser und mehr Stolpergefahr. Wer schon mal versucht hat, rückwärts zu tanzen, während ihm ein Kind einen Churro in die Hüfte rammt, weiß: Das ist Hochleistungssport mit folkloristischem Flair.
Diese Riesen kommen selten allein. Sie erscheinen paarweise, manchmal als ganze Familien, und werden begleitet von den Capgrossos, das sind kleinere Figuren mit übergroßen Köpfen, die aussehen wie die folkloristische, mallorquinische Version der Teletubbies. Gemeinsam ziehen sie durch die Gassen, begleitet von Trommeln, Flöten und einer Begeisterung, die selbst den müdesten Urlauber aus seinem Sangría-Koma erwachen lässt.
Und dann gibt es die Gigantes mit Persönlichkeit. Ich schwöre, ich habe einmal einen gesehen, der beim Tanzen eindeutig flirtete, mit einer anderen Gigante! Ihre Blicke trafen sich über die Köpfe der Zuschauer hinweg, ihre Hüften bewegten sich synchron, und ich dachte: Wenn das kein feuriges Liebespaar wird, dann weiß ich auch nicht.
Natürlich gibt es auch kritische Stimmen. Manche sagen, die Kolosse seien altmodisch, kitschig oder gar unheimlich. Doch ich behaupte: Wer keine Gänsehaut bekommt, wenn ein über drei Meter hoher König mit ausgestreckten Armen auf einen zuschreitet, hat das Herz eines Schneekönigs. Die Gigants sind Mallorca pur, laut, bunt, übertrieben und voller Herz.
Besonders schön ist, dass fast jede Gemeinde ihre eigenen Riesengestalten hat. In Llucmajor heißen die riesigen Puppen Miguel und Candida. Er ein stattlicher Landwirt mit wetterfestem Charme und einem Gesicht, das aussieht, als hätte es schon drei Jahrhunderte Dorffeste überlebt. Sie eine resolute Dame mit Kopftuch, stolzer Haltung und einem Blick, der selbst die Rathausuhr pünktlich macht. Wenn die beiden tanzen, wirkt es, als hätte ein antikes Möbelstück beschlossen, Walzer zu lernen, so würdevoll, wuchtig und mit überraschend viel Schwung.
Die Kinder lieben sie, die Alten erinnern sich, und die Touristen zücken ihre Handys, als wären sie Zeugen eines seltenen Naturphänomens. Und irgendwie sind sie das auch. Denn wenn die Gigantes tanzen, tanzt das ganze Dorf mit! Also, meine lieben Leser: Wenn Sie das nächste Mal auf einem mallorquinischen Dorffest sind und plötzlich ein Schatten auf Sie fällt, der aussieht wie ein wandelndes Denkmal mit Rhythmusgefühl – keine Sorge! Es ist nur ein Gigante, der tanzt! Also, Schwingen Sie ruhig Ihr Tanzbein mit!