Ostern
Es ist wie es ist meine lieben Leser, aber Ostern steht vor der Tür und somit gibt es viel zu tun! Wer jetzt an einen hoppelnden Meister Lampe denkt oder an eine bunte Eiersuche, der irrt sich gewaltig! Auf Mallorca ist es alles gar nicht so, wie wir es aus unserem vertrauten Land kennen, hier läuft der Hase nämlich ganz anders, beziehungsweise überhaupt nicht.
Die Vorbereitungen für dieses christliche Fest fangen meist schon eine Woche vorher an. In gemütlicher und familiärer Atmosphäre bereiten die Mallorquiner ihre so geliebten und von mir so geschätzten Empanadas zu. Das sind die runden, köstlichen Backwunder aus Schweineschmalzteig, gefüllt mit Fleisch und Erbsen oder mit Gemüse oder mit Fisch und überhaupt, heutzutage sind der Auswahl der Füllungen keine Grenzen gesetzt. Jede mallorquinische Familie hat da ihr eigenes Rezept, was die Teigzubereitung und die Befüllung angeht. Sie brauchen nach dem Backrezept gar nicht zu fragen, meine lieben Leser, man wird es Ihnen sowieso nicht verraten und wenn, dann werden bewusst ein paar Zutaten weggelassen, damit Sie an der Zubereitung scheitern. Es ist nämlich so, dass alle mallorquinischen Kochgeheimnisse innerhalb der Familie bleiben und nur von Generation zur Generation weitergegeben werden.
Nach der Zubereitung der deftigen Ostervariante geht man puderzuckerweich und geschmeidig über zu den süßen Robiols und Crespells. Traditionell sind Robiols mit Engelshaar gefüllte Teigtaschen. Jedoch auch hier gibt es heutzutage unterschiedliche Füllungen, wie zum Beispiel mit Schokolade- oder Vanillecreme, mit Frischkäse samt Zimt und überhaupt, genauso wie bei den Empanadas, sind auch hier der kulinarischen Fantasie keine Grenzen gesetzt.
Crespells sind die Osterplätzchen, ja, ja, die Mallorquiner backen zu Ostern ihre Plätzchen. Die Kreierung dieser ausgestochenen Leckereien ist eigentlich ein großer Spaß für die ganze Familie, erst recht, wenn Kleinkinder mit dabei sind und bei dem Teig mitmischen. Früh übt es sich, heißt es auch in dem mallorquinischen Volksmund und was ist schon dabei, wenn man nach dem Fest ein paar Teigreste auf den Vorhängen, auf dem Sofa oder gar unter dem Bett findet? Ach, was solls, das sind eben Kinder, und Kinder dürfen hier auf Mallorca ganz schön viel!
Genauso dürfen die lieben Kinderlein an den Osterprozessionen teilnehmen. Fast jedes Dorf hat seinen eigenen Osterumzug und nahezu keiner kann sich diesem Prozedere entziehen. Die verschiedenen Cofradias, auf Deutsch Bruderschaften, sind gewandet in ihren traditionellen Kutten mit spitzen Kapuzen, die nur einen Schlitz für die Augen freilassen. Mit brennenden Stäben in den Händen und religiösen Figuren auf den Wägen ziehen die Brüder stundenlang durch die Ortschaft. Für die absolute Ehrfurcht sorgt der Jesus selbst, indem er barfuß, mit Ketten an Händen und Füßen, mit dem riesigen Kreuz auf den Schultern zu seiner Hinrichtung läuft. Begleitet wird dieses Spektakel von gedämmter Livemusik, vor allem die Trommelschläge, dieses kurze, heftige Bam…..Bam…..Bam verleihen dem ganzen nahezu eine gespenstische Aura. Es ist muckshäschen still, sogar die ganz kleinen wissen, dass man jetzt die Klappe halten sollte. Die Emotionen lassen sich nicht mehr bändigen, hier hört man ein leichtes Schniefen, dort sieht man ein verstohlenes Wegwischen der Tränen. In diesem Moment schlagen die Herzen der Zuschauer und der Akteure im Einklang, die stille Kraft der mallorquinischen Gemeinschaft ist deutlich spürbar und verbindet alle Anwesenden in einem tiefen Gefühl der Zusammengehörigkeit. Also meine lieben Leser, hoppeln Sie ruhig zu solch einer Prozession hin, ich garantiere Ihnen, Sie werden mit einem Gänsefell, langen Ohren und einem Herzen voller Wärme und Freude in Ihren Stall zurückkehren. In diesem Sinne: Frohe Ostern!