Zugfahrt

Es ist wie es ist, meine lieben Leser, aber so eine Zugfahrt, die ist lustig, so eine Zugfahrt, die ist schön! An einem sonnigen Mittwochmorgen brachte ich mein Auto zum Ölwechsel nach Palma. Obwohl ich einen Termin hatte, wurde mir gesagt, dass mein Auto erst gegen Mittag fertig sein würde. Was tun mit dem angebrochenen Vormittag? Durch die Stadt laufen und unnötig Geld ausgeben, indem ich mir die 1000ste Handtasche kaufe oder Kleider, die ich danach sowieso nicht anziehe? Als Krönung mich dann auch noch von orientierungslosen Touristen anrempeln lassen?

Während ich gedankenverloren zum Plaza España schlenderte, lief ich wegen meiner Dusseligkeit gegen einen Schildaufsteller. Autsch, wie peinlich! Woher kam dieses blöde Ding jetzt so plötzlich her, mitten auf dem Gehweg? Und dann auch noch mit der sinnlosen Botschaft, dass die öffentlichen Verkehrsmittel für die Residenten nun kostenlos seien. Wozu brauche ich öffentliche Verkehrsmittel, wenn ich ein Auto habe? Auf dem Marktplatz angekommen und immer noch planlos, beobachtete ich ein älteres, mallorquinisches Ehepaar, das sich auf die Zugfahrt nach Sineu freute, endlich mal raus aus der Stadt! Da schoss es mir durch den Kopf: Ich könnte doch auch nach Sineu fahren, auf den Markt, da gab es immer etwas zu sehen, und Zeit hatte ich ja jetzt.

Der Mercado war wie immer ein buntes Treiben aus frischem Obst, Gemüse, handgefertigten Waren und dem verlockenden Duft von frisch gebackenem Brot, eingelegten Oliven und gerösteten Mandeln. Mit meiner Handtasche voller Einkäufe und meinem Kopf voller bunter Impressionen stieg ich wieder in den Zug, bereit für die gemütliche Fahrt zurück nach Palma. Die lebhaften Gespräche der Marktbesucher klangen noch in meinen Ohren nach, während ich mich auf einen Sitz fallen ließ. Durch das Fenster schien die Sonne und tauchte den Waggon in ein warmes Licht, das meine gute Laune perfekt abrundete. Was für ein wunderbarer Vormittag!

Kaum verließen wir den Bahnhof, prompt passierte es: Der Zug kam mit einem Ruck zum Stehen. Ein leises Murmeln ging durch die Abteile, doch anstatt sich zu ärgern, begannen die Passagiere zu lachen und zu scherzen. Die Stimmung im Zug war erstaunlich heiter. Die meisten Mitreisenden kamen gerade vom Markt und hatten ihre Einkäufe dabei. Ein älterer Herr holte ein riesiges Laib Brot aus seiner Papiertüte heraus, begann kleine Stücke abzubrechen und sie an seine Sitznachbarn zu verteilen. „Hier, probiert mal! Frisch vom Markt!“, sagte er mit einem breiten Grinsen. Eine Frau mit einem Korb voller Tomaten und Paprika bot ihr Gemüse an, ich holte die gekauften Orangen aus meiner Handtasche und reichte sie herum. Allein essen macht ja sowieso nur dick. Es dauerte nicht lange, bis das ganze Zugabteil in ein improvisiertes Picknick verwandelt war, umgeben von Fröhlichkeit und Lachen.

Die Zeit verging wie im Flug, niemanden schien es zu interessieren, dass wir eigentlich festsaßen und zu spät bei unseren weiteren Terminen ankommen würden. Es war, als ob die Zugfahrt selbst zu einer Attraktion geworden wäre. Doch leider kam dann irgendwann der Schaffner und verkündete die frohe Botschaft: „Die Panne ist behoben, wir können weiterfahren!“ Ein kollektives „Ohhh!“ ging durch den Zug, gefolgt von einem stürmischen Applaus.

Als wir in Palma ankamen, stieg ich aus dem Zug und fühlte mich unglaublich glücklich und zufrieden. Die Herzlichkeit und die Menschlichkeit der Mallorquiner hatten mich tief beeindruckt. Mit einem Lächeln auf den Lippen machte ich mich auf den Weg zur Werkstatt, dankbar für die kleinen Momente des Glücks, die das Leben auf Mallorca so besonders machen. Ja, wieder begegnete ich dem Schildaufsteller, doch dieses Mal lief ich vorbei, anstatt dagegen, und fragte mich, wozu brauche ich ein Auto, wenn ich mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren kann?

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