Bar

Es ist wie es ist, meine lieben Leser, aber auch ich bin früher sehr oft mit der berüchtigten Buslinie 15 gefahren. Diese Linie ist unter den Einheimischen bekannt wie ein bunter Hund und gefürchtet wie ein wütender Stier in einer Porzellanmanufaktur, aber das ist eine andere Geschichte. Warum ich den Bus nahm und nicht mein Auto? Ganz einfach: Es war mitten in der Saison, die Stadt war überflutet mit Touristen und ihren Mietautos! Einen Parkplatz in Palma zu finden, war wie die Suche nach dem heiligen Gral oder wie die Suche nach der berühmten Stecknadel in einem Heuhaufen. Somit tat ich, was viele Insulaner tun: Ich parkte mein Auto in einem ruhigen Vorort und fuhr stressfrei mit dem Bus weiter. Kein Gehupe, kein Stau und vor allem kein Kampf auf Leben und Tod um einen Parkplatz.

Im Bus saß mir gegenüber ein deutsches Pärchen, beide ca. 60 Jahre alt. Ich erkannte sie sofort an ihrem tadellosen, typisch touristischen Kleidungsstil und an den grimmigen Gesichtsausdrücken, gemischt mit einer Prise Arroganz. Der Bus hielt an einer Ampel neben einer Bar, deren Gäste ausschließlich Männer waren. Die Dame, die offensichtlich die inoffizielle Präsidentin des Anti-Macho-Clubs war, drehte sich zu ihrem Begleiter und posaunte empört: "Das ist ja eine Sauerei! Alles Männer, die in der Bar hocken und sich volllaufen lassen. Die armen Frauen sind zu Hause, kochen, putzen und passen auf die Kinder auf. Dass es sowas noch gibt, heutzutage, in Europa… ein Skandal!" Ihr Gefolgsmann nickte zustimmend, während er verstohlen einen Blick auf die kühlen Biere und Weine warf, die man deutlich vom Busfenster aus auf den Bartischen sehen konnte. Ich konnte förmlich wahrnehmen, wie die deutsche Touristin innerlich eine flammende Rede vorbereitete. Ihre Augen funkelten vor Entrüstung, während sie sich vorstellte, wie sie all ihren Freunden und Bekannten in Deutschland von den Ungerechtigkeiten zwischen mallorquinischen Männern und Frauen berichten würde.

„Nur“ als Besucherin der Insel, konnte die werte Frau selbstverständlich nicht wissen, dass für die Mallorquiner die Bar wie das zweite Wohnzimmer ist! Neben der Familie ist sie das Zentrum des sozialen Lebens. Man besucht sein Stammlokal mindestens einmal am Tag. In der Bar werden die besten Gespräche geführt, die lukrativsten Geschäfte gemacht und die loyalsten Freundschaften geschlossen. Es wird gelacht, gestritten und versöhnt. Man kennt sich, man mag sich oder auch nicht, aber man hilft einander. Egal welches Anliegen Sie haben, meine lieben Leser, in einer Bar wird Ihnen geholfen. Oder jemand kennt jemanden, der jemanden kennt, der Ihnen hilft. Ein Hoch auf die mallorquinische Barconnection!

Doch bevor Sie in diese Bargemeinschaft aufgenommen werden, sollten Sie ein paar ungeschriebene Regeln beachten: Seien Sie nicht überheblich oder arrogant. Nein, Sie sind nicht besser als die Mallorquiner! Nein, Sie müssen Spanisch lernen, nicht die Mallorquiner Deutsch! Nein, auf Mallorca ist es nicht wie in Deutschland! Nein, Sie müssen sich an den Lebensrhythmus der Einheimischen anpassen und nicht umgekehrt. Nein, Sie können nicht immer nur nehmen, Sie müssen auch geben. Und ja, in eine Bar gehen Frauen genauso wie Männer, sogar ganze Familien mit Kleinkindern sind dort anzutreffen.

Warum waren in dieser Bar nur Männer? An der Tür hing ein Schild: "Geschlossene Gesellschaft! Treffen aller Mönche aus Mallorca, Menorca und Ibiza. Gott hat mir die abgesperrte Tür verziehen, verzeihst du mir auch und kommst morgen wieder?“

Die Dame sah entweder das Schild nicht oder verstand kein Spanisch. Aber das hinderte sie nicht daran, sich lautstark über eine Ungerechtigkeit zu brüskieren, die es gar nicht gab. Ich seufzte, ließ sie ihre Empörungstour zu Ende führen und dachte mir: Darauf muss ich erstmal einen Kaffee trinken. In einer echten mallorquinischen Bar, versteht sich. Stark. So stark, dass er mich die noch kommenden Touristenmassen mit stoischer Gelassenheit ertragen lässt.

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