Sommerferien

Es ist wie es ist, meine lieben Leser, aber das Schuljahr auf Mallorca ist endlich zu Ende. Schluss. Finito. Aus. Ich habe die letzten Verben konjugiert, das letzte Arbeitsblatt verteilt und das letzte „Ich hatte die Hausaufgaben gemacht, aber bei der Hitze ist mein Laptop explodiert“ mit einem pädagogisch wertvollen Lächeln quittiert und einfach keine weiteren Fragen mehr gestellt.

Während viele meiner Kollegen jetzt sanft ins Ferienkoma sinken, startet bei mir Zuhause das Chaos: die Sommerferien mit zwei kleinen Töchtern, oder wie ich es nenne: die alljährliche Challenge im Überleben mit Stil. Auf dem Papier klingen fast drei Monate schulfreie Zeit wie ein süßer Traum, serviert mit Sangría und Meeresrauschen. In Wirklichkeit fühlt es sich eher an wie ein hoch dotierter Extremsportwettkampf mit unklaren Spielregeln und Teilnehmerinnen in Elsa-Kleidern, die plötzlich mitten in der Nacht ein Bananenpicknick auf dem Wohnzimmerteppich fordern.

Meine quirligen Mädels sind energiegeladen wie zwei Espresso-Shots auf einem Surfbrett. Kaum ist die Zahnbürste aus der Hand gelegt, geht es nahtlos über ins Tagesprogramm: Im Garten wird aufgeregt nach der verschwundenen Socke gesucht, die Schatzkarte dazu natürlich frei erfunden. Danach folgt eine diplomatische Verhandlungsrunde über die Eissorte des Tages! Verlangt wird Erdbeere mit Streuseln, aber ausschließlich auf der linken Hälfte. Später liefern sie eine dramatische Bühnenreifeleistung mit dem Satz: „Ich bin nicht müde, ich ruhe nur meine Haare aus.“

Ich selbst befinde mich währenddessen im Dauerlauf durch ein häusliches Labyrinth aus Bauklötzen, Haargummis und hitzigen Grundsatzdiskussionen. Dabei frage ich mich öfter als mir lieb ist, wer hier eigentlich die Erwachsene ist. Antwort unklar, aber, vermutlich die, die den Schokopudding aus dem Vorhang wäscht.

Nebenbei versuche ich, meine berufliche Kommunikation am Leben zu erhalten, es ist so eine Art digitaler Drahtseilakt in Flipflops. Ich beantworte E-Mails mit einem Finger, während ich mit der anderen Hand ein Kind vom Bücherregal ziehe. Meine WhatsApp-Nachrichten? Ein Mix aus: „Kursbeginn September bestätigen“ und „Kann jemand bitte erklären, warum unsere Waschmaschine glitzert?“. Und während ich mich bemühe, in vollständigen Sätzen zu antworten, schreibt mein jüngstes Kind begeistert das Wort „CULO“ (deutsch: Hintern, Po oder Arsch) auf mein Laptopdisplay, in Regenbogenfarben. Ich will es ihr nicht ganz verübeln, es war immerhin orthografisch korrekt.

Die mallorquinische Sonne prügelt auf uns ein wie ein wütender Haartrockner auf Höchststufe, der beschlossen hat, meine ganze Energie zu verdampfen. Ich träume von einer tragbaren Klimakabine mit Minibar, Massagesessel und einem Personaltrainer für Nerven.

Zwischendurch fällt mir ein, dass ich ja eigentlich auch Sprachenlehrerin bin, eine Person mit klarer Satzstruktur, Geduld und geregeltem Kaffeekonsum. Derzeit fühle ich mich aber eher wie Direktorin des Familienzirkus`„Casa Caos“, verantwortlich für das Management morgendlicher Müsli-Dramen, glitzernder Barbie-Krisen und der hochphilosophischen Frage, ob ein Kuscheltier eigentlich auch seinen eigenen Pass braucht, wenn es nach Deutschland zu Oma und Opa fliegt. Von Struktur, Organisation und geregeltem Ablauf bin ich also ungefähr so weit entfernt wie ein Vanilleeis vom Überleben auf einem Autodach im August.

Dennoch gibt es sie, diese kostbaren Momente, in denen ich mich frage, wie ich jemals ohne diese kleinen Wesen in meinem Alltag klargekommen bin? Wenn wir gemeinsam auf der Terrasse sitzen und klebrige Melonenstücke essen. Wenn sie mich fragen, wie man auf Spanisch „Weltraumprinzessin“ sagt. Wenn sie einfach lachen, laut, herzhaft, mit Wassermelonenkernen auf den Wangen und Sonnencreme im Haar – dann ist alles gut. Dann ist mein Chaos wunderschön und perfekt. Und alles andere kann warten, mañana ist ja auch noch ein Tag….

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