Flug
Es ist wie es ist, meine lieben Leser, aber, ich bin doch tatsächlich mal im Hochsommer von Deutschland nach Mallorca geflogen. Dieses Abenteuer über den Wolken hätte auch als eine Echtzeitdokumentation auf einem zweitklassigen Spartensender laufen können. Mein Titelvorschlag: „Alkohol über den Wolken – wenn Männergruppen Urlaub machen“.
Der Start war eigentlich wie immer, der Flug hatte selbstverständlich eine Verspätung von einer halben Stunde. Jedoch war es mir in dem Moment egal, ich freute mich auf meine Lieblingsinsel, auf die Sonne, das Meer und zwei Stunden Dösen über den Wolken.
Bereits beim Boarding fühlte ich mich eher wie bei der Generalprobe eines Après-Ski-Hits. Fünf Männer mittleren Alters, alle in Trikots, deren letzte Waschung vermutlich 2010 stattfand, taumelten lachend durch den Gang, trugen Hüte mit Bierdosenhalter und grölten „Viva Colonia“, obwohl wir uns weder in Köln befanden noch Karneval war. Ich suchte instinktiv den Notausgang, nicht wegen der Sicherheit, sondern wegen des Fremdschämens.
Die Stewardessen versuchten zu lächeln, was in etwa so echt wirkte wie ein Instagram-Filter bei Windstärke acht. Sie baten freundlich darum, sich zu setzen, den Gurt zu schließen, den Alkohol bitte in den Taschen zu lassen. Diese Bitte an die Herren der Schöpfung hatte ungefähr denselben Effekt wie ein Verkehrsschild bei Mario Kart. Die Truppe prostete weiter und diskutierte lautstark, ob man eigentlich „Malle“ auch rückwärts schreiben könne. Welch ein Niveau und dann noch zusätzlich die Ausdrucksweise!
Nach dem Start verwandelte sich die Kabine in ein fliegendes Bierkellerfestival. Ich fühlte mich wie ein Zuschauer bei einem Casting für die Neuverfilmung von „Hangover 6 – über den Wolken muss die Freiheit wohl grenzenlos sein“. Ein Mitflieger versuchte, dem Getränkewagen ein Lied vorzusingen, vermutlich in der Hoffnung, dafür Rabatt auf den Tomatensaft zu bekommen. Ein anderer suchte zwischendurch die Toilette, landete aber in der Bordküche und fragte nach Currywurst.
Die Crew blieb ruhig. Meine Heldinnen und Helden in Uniform! Ich hätte am liebsten jedem von ihnen eine Medaille gebastelt, aus Alufolie, Plastikbesteck und dem letzten Rest meiner Würde. Während ich versuchte, mich in meinen Sitz zu falten und so zu tun, als sei ich Spanierin auf Dienstreise, fragte ich mich ernsthaft: Ist DAS der Tourismus, den Mallorca braucht?
Ich liebe Mallorca, wirklich! Aber wenn schon beim Landeanflug das Wort „Eimersaufen“ fällt und der Mitreisende mir stolz erklärt, dass sein einziges Ziel sei, „zehn Liter Bier innerhalb von zwei Stunden zu schaffen“, dann möchte ich mich kurz als Ensaimada tarnen und in der Ankunftshalle vergessen werden.
Als wir endlich aufsetzten und das Flugzeug sich Richtung Parkposition schob, applaudierten die Herren. Nicht dem Piloten, sondern sich selbst. „Schön war es“, grölte einer und öffnete zur Feier des Tages schon mal eine Reisegröße Pfefferminzlikör. Mir wurde schlecht, nicht wegen des Geruchs, sondern wegen der Frage, ob er wohl zur selben Spezies gehört wie ich?
Sich für andere zu schämen, ist mir normalerweise fremd. Aber in diesem Fall: doch. Ein bisschen sehr sogar. Für diesen Proll-Export mit Sonnenbrandambitionen. Für den Lärm, den wir über den Alpen ertrugen. Für die Trinkspiele, die keine Gewinner haben. Und vor allem: für die Tatsache, dass diese Art von Tourismus so laut ist, dass alles andere darunter leise wird.
Mallorca hat so viel mehr zu bieten als Ballermann sechs und Party 24 Stunden am Tag! Es ist eine Insel voller Geschichten, Sonnenaufgänge, Olivenhaine und stiller Momente und noch so vielem mehr, wenn man sie lässt.
In diesem Sinne: Liebe Crewmitglieder von allen Flügen von Deutschland nach Mallorca und retour, danke für euren Einsatz, euere Freundlichkeit und euere Geduld! Und liebe Mallorca -Touristen, wenn Sie demnächst nach Mallorca fliegen, so nehmen Sie doch bitte ein bisschen Respekt und Anstand mit! Diese Tugenden passen wunderbar in ihr Handgepäck, ganz ohne Aufpreis!